Ponygespräche

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zum Thema Authentizität bei Pferden



Juli 22

Wenn Pferde authentisch sind

Ich hatte einen denkwürdigen Ausritt mit meinen zwei Pferden.
Kjesta ist die Leitstute der Herde, Fuego ein sehr selbstsicherer und souveräner Mitläufer. Wenn ich Kjesta reite und Fuego als Handpferd habe, läuft es in allen Gangarten problemlos.
Gestern habe ich Fuego geritten und Kjesta war das Handpferd. Das ist deutlich schwieriger. Kjesta übernimmt gerne die Leitung und Fuego fügt sich ihr. Dann sitze ich auf einem von Kjesta ferngesteuerten Pferd. Für meine Pferde ist das so okay. Wenn ich die Situation anders möchte, muss ich mich selbst als Herdenchefin aufführen, Fuego zwingen, die Führposition einzunehmen und Kjesta zwingen, sich zu fügen. Das klappt, wenn ich keine Minute unachtsam bin. Für uns alle drei ist so ein Ausritt außerhalb unserer Komfortzone. Sobald meine Konzentration nachlässt, wechseln meine Ponys in ihre vertrauten Rollen: Kjesta führt, Fuego folgt.
Gestern habe ich sie ihre Rollen einnehmen lassen und wir hatten alle viel Spaß. Nur ich musste es in Kauf nehmen, dass ich nicht die volle Kontrolle über die Situation hatte, sondern meinen Ponys vertrauen musste, dass sie gute und sichere Entscheidungen für uns alle trafen. Das haben sie getan. Wir waren schnell und lustig und ungestüm als Dreierteam unterwegs. Und keine Situation war gefährlich.
Dabei ist in mir eine Frage aufgekommen: wie authentisch darf denn unser Pferd sein?
Wir Menschen reden in der Persönlichkeitsentwicklung und im Coaching immer von Authentizität. Aber unsere Pferde sollen gut erzogen und sicher sein. Bleibt da noch Raum für Authentizität?
Deshalb frage ich die Ponys, was sie darüber denken.

„Liebe Ponys,
was könnt ihr mir zur Authentizität sagen?“
Fuego: Wir Pferde sind authentischer als ihr Menschen. Aber auch wir wollen geliebt werden und passen uns dafür an.
Kjesta: Ich bin schon so lange im Geschäft, ich kann die Entscheidungen auch ohne Mensch treffen. Mir braucht niemand eine Anleitung geben und sagen, was ich tun muss. Ich tue, wonach mir ist.
Franz: Ja, aber wir Pferde haben auch die Aufgabe euch Menschen was beizubringen und dazu müssen wir uns manchmal etwas verstellen, bis ihr es endlich kapiert. Als Pferd kann ich euch besser erziehen, als ihr Menschen das untereinander könnt. Ihr möchtet bei der Erziehung noch geliebt werden. Wir Pferde werden geliebt und müssen nichts dafür tun, außer gucken. Da haben wir mehr Freiheiten.
Kira: Ich bin schon alt und auf die Pflege von Menschen angewiesen. Ich weiß genau was ich tun muss, damit sie sich gerne um mich kümmern
Maike: Ist das dann noch authentisch?
Kira: Ja, so bin ich. Nur die Abhängigkeit ist mir sehr bewusst dabei.
Maike: Du kannst also abhängig und authentisch gleichzeitig sein.
Kira: Ja klar.
Kjesta: Ich hasse es, wenn ich mich anpassen muss. Das fühlt sich an, wie ein zu kleiner Sattel. Es drückt. Ich habe im Gelände manchmal Angst. Ich finde es toll, wenn ich das nicht verbergen muss. Ich darf es zeigen und du nimmst Rücksicht darauf.
Fuego: Ja, das Rücksichtnehmen kenne ich gut. Du nimmst auch Rücksicht darauf, wenn ich etwas nicht so schnell umsetzten kann, wie du möchtest. Ich brauche dann Zeit zum Denken und Planen - welches Bein muss wohin? Ich strenge mich echt an, aber es stimmt nicht immer gleich. Ich habe Angst falsch zu sein, dass du wütend wirst. Das kenne ich von früher. Vor lauter Anstrengung sind mir dann nur noch mehr Fehler passiert.
Du lachst meistens, wenn es nicht klappt und lässt mir Zeit, es auszuprobieren. Und du sagst mir immer, wenn ich es gut gemacht habe. Das hilft mir sehr, sonst bin ich schnell verunsichert.
Maike: Ist das dann authentisch, wenn du versuchst, es mir recht zu machen?
Fuego: Das Rechtmachen nicht, aber die Verunsicherung schon. Und, dass ich sie dir zeigen darf. Eigentlich ist auch der Wille, es dir recht zu machen authentisch, denn so bin ich einfach.

Danke, liebe Ponys.



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